Gerhard Pfister, Nationalrat und Präsident CVP

*es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren

Sehr geehrte Medienschaffende

Die Konzernverantwortungsinitiative will, dass Unternehmen mit Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in der Schweiz die international anerkannten Menschenrechte und Umweltstandards sowohl im In- als auch im Ausland respektieren müssen. Soweit so gut. Für die CVP ist das Ziel der Initiative – Menschrechtsverletzungen und Umweltschäden besser zu verhindern – unbestritten. Unternehmen müssen hier ihre Verantwortung wahrnehmen. Zentral ist aber, mit welchen Mitteln dies geschieht und welche Wirkung damit angestrebt wird. Die Initiative fordert nämlich auch, dass Unternehmen für ihre Tochterfirmen haftbar gemacht werden können. Die Initiative hat also ein löbliches Ziel, wendet aber die falschen Instrumente an und verfehlt somit ihre Wirkung.

Aus diesem Grund haben sich die CVP-Delegierten gegen die Initiative entschieden und unterstützen stattdessen den indirekten Gegenvorschlag, der inhaltlich einen grossen Teil der Anliegen der Initiative aufgreift, der aber im Gegensatz zur Initiative realisierbar ist und der Wirtschaft nicht schadet. Er tritt automatisch in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird.

Die CVP ist überzeugt, dass der Gegenvorschlag der richtige Weg ist. Und zwar aus folgenden Gründen:

  1. Beginnen wir beim Anwendungsbereich: die Initiative suggeriert ja mit dem Namen, dass «Konzerne» betroffen seien. Einzig bei der Sorgfaltspflicht würde «Rücksicht» auf KMU genommen werden – was keinesfalls bedeutet, dass sie davon ausgenommen sind. Und im Bereich der Haftung sieht die Initiative weder Rücksichtnahme noch Ausnahmen für KMU vor. Hier sieht der Gegenvorschlag eine wirksame, umsetzbare und zielführende Lösung vor. In Zukunft soll für Publikumsgesellschaften und grosse Finanzinstitutionen eine Berichterstattungspflicht gelten, sowie für die Bereiche Konfliktmineralen und Kinderarbeit zusätzlich eine Sorgfaltsprüfung.

Die Initianten werfen den Gegnern der Initiative vor, eine Berichterstattung sei nicht ausreichend, nur verschwendetes Hochglanzpapier und es bestehe dadurch keinerlei Verbindlichkeit. Es ist aber so, dass die Berichterstattungspflicht zu den Verwaltungsratspflichten gehört, bei denen Verwaltungsräte bei Nichteinhaltung persönlich haften. Abgesehen davon, dass 99% der Unternehmen heute schon ihre Verantwortung wahrnehmen, geht der Gegenvorschlag mit der Berichterstattung noch einen Schritt weiter, um die Menschenrechte noch besser zu schützen.  

  • Ein grosser Diskussionspunkt während der gesamten Parlamentarischen Diskussion war die Haftungsfrage. Die Initiative sieht vor, dass Schweizer Unternehmen in der Schweiz vor Gericht gebracht werden können für Fehlverhalten von Tochterunternehmen und wirtschaftlich abhängigen Zulieferern im Ausland. Schweizer Richter würden auf der ganzen Welt nach Schweizer Recht urteilen müssen.

Der Gegenvorschlag spricht sich gegen die Haftung aus. Nicht, weil die Unternehmen ihre Verantwortung nicht wahrnehmen sollen, sondern weil dies schlicht nicht umsetzbar ist. Einerseits können Unternehmen bereits heute für Verfehlungen vor Gericht gebracht werden. Und zwar dort, wo die Verfehlungen passieren. Alles andere ist ein Eingriff in die Souveränität und Rechtsstaatlichkeit anderer Nationen, die international nicht goutiert würde.

  • Die zivilrechtliche Haftung, wie sie in dieser Initiative vorgeschlagen wird, würde unser Rechtssystem völlig umkrempeln. Hier würde die Haftung für von Dritten verursachte Schäden gelten, solange das Schweizer Unternehmen nicht in der Lage ist, seine vollständige Sorgfalt entlang der gesamten Wertschöpfungskette nachzuweisen. Dieser Paradigmenwechsel erzeugt ein allgemeines Misstrauen gegenüber unseren Unternehmen. Die Risiken sind immens. Jetzt sind es nicht mehr die Kläger, die die Schuld des Unternehmens beweisen müssen, sondern die Unternehmen, die ihre Unschuld beweisen müssen. Dies würde zu einer Lawine von Klagen führen, die viel Geld und Zeit kosten würde – Jahre der Pattsituation, in denen sich die Situation der Betroffenen nicht verbessern würde.

Und geklagt wird nicht nur aus achtenswerten Gründen, sondern auch um Mitbewerber – gerade KMU – zu schwächen. Wir öffnen hier Tür und Tor für Anwälte aus aller Welt.  

Wir haben einen Gegenvorschlag, der auf Transparenz statt auf Rechtsstreit setzt. Ein drohender Reputationsverlust zwingt Unternehmen auch zum Handeln.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass wir mit dem Gegenvorschlag eine Vorlage auf dem Tisch haben, der die zentralen Anliegen der Initiative aufnimmt, ohne die Schweizer Wirtschaft, insbesondere die KMU, zu schädigen. Für die CVP ist der Gegenvorschlag der richtige Weg.

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