24.11.2020
Leere Versprechen zum Ersten: KMU seien nicht betroffen.
Die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI) betrifft alle Unternehmen in der Schweiz und darum heisst sie offiziell «Für verantwortungsvolle Unternehmen (…)». Die Bundeskanzlei hätte «Konzernverantwortungsinitiative» wegen Täuschung der Stimmberechtigten sicher abgelehnt. Entgegen den Beteuerungen der Initianten, nur grosse Konzerne seien von der Initiative betroffen, gilt sie tatsächlich für alle Schweizer Unternehmen. Wäre es den Initianten wirklich darum gegangen, nur die vermeintlich «bösen» Rohstoffkonzerne stärker zu regulieren, hätten sie das genau so in den Initiativtext schreiben können. Das Wort «Konzern» finden Sie im Initiativtext aber nirgends. Und KMU sind sogar doppelt betroffen. Wenn ein grosses Unternehmen in Zukunft für Verfehlungen seiner Lieferanten zahlen muss, wird es alles tun, um sich abzusichern: Es wird seine Auflagen an die Lieferanten weitergeben und diese wiederum an ihre Lieferanten usw. – bis das Ende der Lieferkette erreicht ist. Und dort stehen keine grossen Konzerne, sondern kleine Unternehmen ohne Rechtsabteilung und ohne teure Berater.
Leere Versprechen zum Zweiten: Lieferkette könne komplett kontrolliert werden.
Die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative will Missstände entlang der ganzen Lieferkette auf einen Schlag beenden. Schon KMU kommen aber rasch auf Hunderte von Zulieferern und Tausende von Unterlieferanten. Eine lückenlose Überwachung all dieser Zulieferer ist auch mit bestem Willen nicht umsetzbar, wie nur schon die Schwierigkeiten des Corona-Contact-Tracing in der Schweiz zeigen. Das Unternehmen Fairphone beispielsweise, von Greenpeace als nachhaltigstes Unternehmen der Unterhaltungselektronik ausgezeichnet, kennt immerhin die direkten Lieferanten und deren Unterlieferanten. Darüber hinaus sei es aber «nahezu unmöglich», die Herkunft aller Materialien zu kontrollieren, wie der Gründer von Fairphone gesteht. Eine lückenlose Kontrolle ist für ihn etwa so illusorisch wie den Weltfrieden zu schaffen. (-> Lesen Sie hier das vollständige Interview.)
… und zum Dritten: Wer sich nichts zuschulden hat kommen lassen, habe nichts zu befürchten.
Bei einem allfälligen Prozess müssten Unternehmen beweisen, dass sie auf der anderen Seite der Welt nichts unterlassen haben, um das Fehlverhalten Dritter zu vermeiden (= Entlastungsbeweis). Es reicht also nicht aus, sich verantwortungsvoll zu verhalten, man muss es auch lückenlos beweisen können. Dazu werden Nachforschungen auf fremdem Staatsterritorium nötig sein. Irgendjemand muss die Anschuldigungen ja untersuchen. Da aber jeder Staat für die Vorgänge auf seinem Hoheitsgebiet selbst verantwortlich ist, müssten unsere Justizbehörden aktiv werden und den anderen Staat um Rechtshilfe bitten. Doch warum sollten ausländische Justizbehörden kooperieren, wenn die Schweiz gleichzeitig in deren Zuständigkeitsbereich eingreift? Zudem besitzt die Schweiz gar nicht mit allen Staaten ein Rechtshilfeabkommen. Ein fairer Prozess wird so verunmöglicht. Unternehmen würden unverschuldet für das Verhalten unabhängiger Geschäftspartner bestraft – als ob sie selbst gehandelt hätten – und könnten sich nicht einmal angemessen verteidigen.
Kein leeres Versprechen: Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament
Lassen Sie sich von den leeren Versprechen der Initianten nicht blenden. Im Gegensatz zur Initiative, die in langwierigen parlamentarischen Debatten erst noch konkretisiert und in ein Gesetz gegossen werden müsste, würde der Gegenvorschlag bei einem NEIN automatisch in Kraft treten und die Schweiz auf einen Schlag zur Vorreiterin im Bereich der Unternehmensverantwortung machen. Stimmen Sie am 29. November deshalb überzeugt NEIN zur UVI.